Wie verliefen die Ermittlungen?

Wie war es möglich, dass der NSU zehn Menschen umbringen konnte, ohne im Laufe der Jahre gefasst zu werden? Die Arbeit der staatlichen Behörden wird vielfach kritisiert, vor allem von den Angehörigen der Mordopfer. Was ist falsch gelaufen? In diesem Kapitel werfen wir einen Blick hinter die Kulissen der Ermittlungen und untersuchen die Fehler, wegen derer der NSU ungestört morden konnte.

Ermittler am Heilbronner Tatort, wo am 25. April 2007 die Polizistin Michèle Kiesewetter ermordet wurde

Bei Mordfällen arbeiten die Ermittler nach fest vorgegeben Regeln und Gesetzen. So ist es später möglich, die Täter vor Gericht zu verurteilen. Aber fangen wir von vorne an – am Tatort. Zuerst werden dort alle Verletzten behandelt und das Gebiet großräumig abgesperrt, um später alle Spuren sichern zu können – so wie auf dem Foto zu sehen. Nichts darf verändert oder angefasst werden. Alles wird fotografiert und dokumentiert. Parallel suchen Polizisten auch die Umgebung ab und geben eine Fahndung heraus, falls der Täter noch in der Nähe sein könnte.

Wird ein mutmaßlicher Täter gefasst, befragen ihn die Beamten und geben den Fall bei einem Geständnis an die Staatsanwaltschaft ab, die ein Gerichtsverfahren auf den Weg bringt. Ist der Täter unbekannt und auf der Flucht, laufen die Ermittlungen an. Es wird überprüft, ob der Fundort der Leiche auch der Tatort ist, was die mögliche Tatwaffe sein könnte und ob Gegenstände entfernt wurden oder sonst etwas fehlt. Daraus können die Ermittler dann vielleicht ein erstes Tatmotiv ableiten – also die Frage: Warum hat der Täter das Verbrechen begangen? Alles wird genau aufgeschrieben. Außerdem wird die Leiche untersucht. Gibt es Kampfspuren, wurde ein Gift verwendet? Die Gerichtsmediziner achten auf jedes Detail.

Parallel versuchen Ermittler, Zeugen zu finden und so weitere Spuren zu entdecken. Untersucht wird auch, ob sich Täter und Opfer kannten und in welchem Verhältnis sie zueinander gestanden haben könnten. Dazu werden die Chatverläufe des Opfers im Handy und sozialen Netzwerken durchforstet und Familie und Freunde genauestens befragt. Zudem werfen die Ermittler einen Blick auf alle Kontoaktivitäten, um ggf. verdächtige Entwicklungen zu erkennen. Dies alles erfolgt auch unter Begleitung der Öffentlichkeit, weshalb Angehörige emotional unter den Ermittlungen leiden können, wie uns Abdulkerim Şimşek berichtete. Am Ende werden alle Beweise gesammelt.

Die Berichterstattung: Das Wort "Döner-Morde"

Vielleicht hast du schon mal das Wort „Döner-Morde“ gelesen. Es wurde 2012 von einer Experten-Jury zum Unwort des Jahres erklärt. Verschiedene Zeitungen hatten mit diesem Begriff die Mordserie zusammengefasst, die erst später dem NSU zugeordnet werden konnte.

Erstmals benutzte die Nürnberger Zeitung im Jahr 2005 das Wort in einem Artikel.

„‚Döner-Mord‘ – Nun wird bei Banken gefahndet“

Mit der ersten groß angelegten Rasterfahndung bei Banken in Deutschland will die Polizei Licht in die mysteriöse Mordserie an sieben ausländischen Kleinunternehmern in Deutschland bringen. (…)
Die Staatsanwaltschaft Nürnberg erhofft sich von Informationen über Kontobewegungen die Aufklärung der sieben Morde, die zwischen 2000 und 2005 in Nürnberg, München, Hamburg und Rostock begangen worden waren. Opfer waren sechs Türken und ein Grieche. Die Ermittler fanden noch keine Verbindung zwischen den Taten. Sie wissen nur, dass immer dieselbe Waffe verwendet wurde. Zuletzt wurden im Juni ein türkischer Dönerstandbesitzer in Nürnberg und ein griechischer Betreiber eines Schlüsseldienstladens in München getötet.

(Nürnberger Zeitung, 31.8.2005)

Als der Artikel erschien, war der NSU noch nicht bekannt. Trotzdem gingen die Ermittler früh von einer Mordserie aus, da bei allen Taten dieselbe Waffe, eine Ceska 83, verwendet wurde.

Der Begriff „Döner-Morde“ kam zum Einsatz, weil auf der Zeitungsseite nur wenig Platz für den Artikel war. Daher reichte der Raum nicht aus, um etwa „Dönerbuden-Mord“ zu schreiben – das wäre durchaus zutreffend gewesen, weil in Nürnberg tatsächlich der Inhaber Ismail Yasar in seinem Dönerimbiss erschossen wurde. Aus dem Dönerbuden-Mord wurde dann die heute berüchtigte Wendung.

Die „Karriere“ eines Worts

Der Begriff „Döner-Morde“ war also in der Öffentlichkeit und wurde auch von anderen Medien übernommen. Bundesweit bekannt wurde er durch die Frankfurter Allgemeine Zeitung oder auch die Neue Zürcher Zeitung, auch die Bild nutze ihn für die Berichterstattung. Ab April 2006 verwendeten zahlreiche Medien den Begriff „Döner-Morde“. Er war also im täglichen Sprach- und Schreibgebrauch der JournalistInnen angekommen.

Mit dem Bekanntwerden der rechten Terrorzelle NSU 2011 verschwand die Bezeichnung „Döner-Morde“ nach und nach aus der Berichterstattung. Mittlerweile war klar, dass anders als zunächst auch von Ermittlern vermutet, keine türkischen Kriminellen hinter den Morden stecken. Fortan galt der Begriff als rassistisch und unangebracht.

Die Jury für das Unwort des Jahres schrieb in ihrer Begründung:

„Der Ausdruck steht prototypisch dafür, dass die politische Dimension der Mordserie jahrelang verkannt oder willentlich ignoriert wurde: Die Unterstellung, die Motive der Morde seien im kriminellen Milieu von Schutzgeld- und/ oder Drogengeschäft zu suchen, wurde mit dieser Bezeichnung gestützt. Damit hat Döner-Mord(e) über Jahre hinweg die Wahrnehmung vieler Menschen und gesellschaftlicher Institutionen in verhängnisvoller Weise beeinflusst. Im Jahre 2011 ist der rassistische Tenor des Ausdrucks in vollem Umfang deutlich geworden: Mit der sachlich unangemessenen, folkloristisch-stereotypen Etikettierung einer rechts-terroristischen Mordserie werden ganze Bevölkerungsgruppen ausgegrenzt und die Opfer selbst in höchstem Maße diskriminiert, indem sie aufgrund ihrer Herkunft auf ein Imbissgericht reduziert werden.“

Heute ist der Begriff zwar immer noch in Zeitungsdatenbanken auffindbar, die Medien schreiben aber mittlerweile von der „NSU-Mordserie“ oder der „Ceska-Mordserie“. Viele Medien haben außerdem selbstkritische Artikel veröffentlicht, in denen sie sich für die Verwendung der Formulierung entschuldigen – hier findest du einen Link zu einem Beispiel.

Haben die Behörden versagt?

Immer wieder werden Staaten zum Angriffsziel von Terroristen. Dagegen müssen sie sich schützen. Eine wichtige Rolle in der Terrorismusbekämpfung spielen Geheimdienste. Sie beschaffen Informationen über mögliche AngreiferInnen. Innerhalb von Deutschland ist dafür der Verfassungsschutz zuständig.

Einen Verfassungsschutz gibt es in jedem der 16 Bundesländer, dazu kommt eine Bundeszentrale mit Sitz in Köln. Die BeamtInnen sollen Erkenntnisse über Bedrohungen für die „innere Sicherheit“ sammeln – zu Rechtsextremen, aber auch zu Linksextremen oder Islamisten. Eine wichtige Quelle des Verfassungsschutzes bilden dabei sogenannte V-Leute.

Gegen den Terrorismus des NSU konnte der Verfassungsschutz Deutschland allerdings nicht schützen. Auch der Polizei gelang es nicht.

Annette Ramelsberger

Über dieses wichtige Thema haben wir mit Annette Ramelsberger gesprochen. Sie ist Gerichtsreporterin der Süddeutschen Zeitung und hat somit den NSU-Prozess von Beginn an beobachtet:

Man liest immer wieder das Wort „Behördenversagen“, wenn es um den NSU geht. Wie muss man sich dieses Versagen vorstellen?
Ein Beispiel: Vom V-Mann Tino Brandt bekam der Thüringer Verfassungsschutz die Information, dass Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt von Telefonzellen in Chemnitz aus mit Unterstützern telefonierten. Darum überwachten Beamte Chemnitzer Telefonzellen, als ein Anruf zwischen Brandt und dem Trio geplant war. Dabei glaubte ein Beamter tatsächlich, Uwe Böhnhardt erkannt zu haben. Eine heiße Spur! Als der zuständige Verfassungsschützer im Gericht gefragt wurde, was mit der Information geschah, sagte er: „Wir haben das in unser System eingespeist, danach wussten wir von nichts mehr.“ Und nichts ist passiert. Niemand ist Böhnhardt gefolgt. Niemand hat die Polizei informiert.

Wie hätten Polizei und Verfassungsschutz handeln sollen, um den NSU zu fassen?
Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt flüchteten ja im Jahr 1998, als Polizisten ihre Garage mit Sprengstoff durchsuchten. Man hätte alle drei festnehmen können – doch stattdessen gelang ihnen die Flucht. Die Polizei in Thüringen hätte sofort die benachbarten Bundesländer mit ihren Verfassungsschutzämtern informieren müssen, um sich so viele Informationen zu verschaffen wie möglich. Schließlich waren hier drei Bombenbauer in den Untergrund geflüchtet. Der Verfassungsschutz hätte seine V-Leute gezielt fragen können: Wer weiß, wo sich die drei herumtreiben? Ein V-Mann wurde sogar von einem Helfer gefragt, ob er die drei bei sich in der Wohnung schlafen lassen würde und gab diesen Tipp an den Geheimdienst weiter. Dort hätte man sie festnehmen können. Doch nichts ist geschehen.

Sind die Angaben von V-Leuten denn verlässlich? 
V-Leute sind ja Extremisten, die ihre Freunde gegen Geld verraten. Tino Brandt zum Beispiel hat über all die Jahre als Informant 200.000 Mark Honorar kassiert. Aber wieso sollte so jemand alles sagen, was er weiß? V-Leute geben die Informationen weiter, die ihnen nützen oder zumindest nicht schaden. Sie verraten, wo das nächste Neonazi-Konzert stattfindet und wie viele Besucher sich angekündigt haben. Aber wenn ihre Kameraden darüber diskutieren, sich Waffen zu beschaffen, behalten sie das für sich. Denn damit würden sie ihre Freunde in Schwierigkeiten bringen.

Hat sich nach der NSU-Katastrophe beim Verfassungsschutz etwas verbessert?
In den Grundstrukturen nicht. Aber ich glaube, dass die Zusammenarbeit mit der Polizei heute besser funktioniert. Und die Prioritätensetzung auch: Die Geheimdienstler haben erkannt, dass in der rechten Szene nicht nur Spinner unterwegs sind, sondern Leute, die wirklich gefährlich sind.

Das sagen die Behörden

Während die Kritik sehr häufig zu hören ist, haben sich der Verfassungsschutz und die Polizei eher selten zum Fall NSU geäußert. Tatsächlich haben sie dabei teilweise Fehler eingeräumt. Doch vollständig wollen sie die Kritik auch nicht stehen lassen.

By Bundesministerium des Innern/Sandy Thieme (Bundesministerium des Innern/Sandy Thieme) [CC BY-SA 3.0 de (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia CommonsZu denen, die sich verteidigen, gehört der frühere Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen. Er war Nachfolger von Heinz Fromm, der nach der Aufdeckung des NSU seinen Rücktritt eingereicht hatte, weil der Verfassungsschutz unter seiner Rigide den NSU jahrelang nicht aufdecken konnte.

Maaßen sagte bei einer Podiumsdiskussion 2012: „Die Probleme, die zur Ausbreitung von Rechtsextremismus führen, kann der Verfassungsschutz nicht allein lösen“, stattdessen sei auch eine Beteiligung der Gesellschaft notwendig.

Außerdem lieferte er eine Erklärung: Nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 in den USA habe sich der Verfassungsschutz verstärkt auf islamistischen Terrorismus konzentriert. Dann aber habe die Behörde einsehen müssen: „Nach dem NSU ist kein Szenario mehr undenkbar. Der rechtsextremistische Hass ist zu jeder Tat fähig.“ Es sei außerdem weiterhin richtig, V-Leute als Informanten einzusetzen, selbst wenn diese der rechtsextremen Szene augenscheinlich oft näher stehen

By Gerd Seidel (Rob Irgendwer) [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], from Wikimedia CommonsDer frühere Innenminister von Bayern, Günther Beckstein, verteidigte außerdem die Arbeit der Ermittler von der Polizei – denn als Innenminister trägt er ebenso die Verantwortung über die Polizei. Im Jahr 2012 sagte er im Bundestag, im Fall der Mordserie sei „ein Aufwand betrieben worden wie in keinem anderen Fall“. Doch trotz aller Mühen hätten sich keine Hinweise auf ein Fremdenhass als Motiv finden lassen.

Er könne den Ermittlern „keine substanziellen Vorwürfe“ machen, sagte er. Denn obwohl Millionen von Daten ausgewertet worden seien, sei „die heiße Spur nicht dabei“ gewesen. Das habe an der strikten Geheimhaltung des NSU gelegen, nicht einmal andere Neonazis hätten etwas von der Gruppe gewusst. Das sehen jedoch besonders die Anwälte der Opferfamilien anders: Sie glauben, es habe viele Mitwisser in der rechtsextremen Szene gegeben.

Funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Verfassungsschutz heute besser, wie Annette Ramelsberger glaubt? Zumindest gibt es dafür seit einigen Jahren ein neues Werkzeug: 2012 wurde eine Datenbank eingeführt, in der alle Informationen über Neonazis gesammelt werden – die Rechtsextremismus-Datei. Angeschlossen sind daran insgesamt 36 Behörden, also die Polizeien der Länder, der Verfassungsschutz, die anderen deutschen Geheimdienste. So sollen schnell Informationen zur Verfügung stehen, wenn sich ein Verdacht auf geplante Straftaten ergibt. Ein Jahr nach der Einführung waren darin bereits gut 11.000 Rechtsextreme und 600 Neonazi-Gruppen gespeichert. Ob das Modell wirklich funktioniert und Deutschland sicherer machen kann, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.

Die mysteriöse "Aktion Konfetti"

Im Zuge der Ermittlungen wurden schnell Ungereimtheiten und Fehler der Behörden publik, die bis heute Fragen über die Rolle des Verfassungsschutzes aufwerfen. Eine Reihe solcher Fehler wurde auch unter dem Namen „Aktion Konfetti“ bekannt.

„Lückenlose Aufklärung versprach Bundeskanzlerin Angela Merkel einst den Betroffenen. Einen Stinkefinger und einen Tritt in die Magengrube gibt es in Wirklichkeit. Das Schlimmste ist dabei, dass Dinge wie die skandalöse Geheimhaltungsfrist kaum noch jemanden überhaupt aufregen. Denn sie ist nur eine Frechheit unter unzähligen des Verfassungsschutzes im NSU-Komplex. Ein Amt, in dem Akten mit möglichem Bezug zu einer rechtsterroristischen Mordserie geschreddert werden („Aktion Konfetti“), ist wohl eher am Gegenteil von Aufklärung interessiert.“
(taz, 08.07.2017)

„Inzwischen ist es dem BfV übrigens nach eigenen Angaben gelungen, die geschredderten Akten der ‚Aktion Konfetti‘ aus anderen Datenbanken weitgehend zu rekonstruieren. ‚Weitgehend‘ heißt jedoch, dass nur etwa 87 Prozent des Akteninhalts wiederhergestellt sind. Angeblich befinden sich in diesen 87 Prozent keine Hinweise auf das Trio und sein Umfeld. Das bedeutet aber nicht, dass es vorher in den Originalakten diese Hinweise nicht gab. Denn natürlich hat die Vernichtung und anschließende Rekonstruktion zumindest theoretisch dem Amt die Möglichkeit eröffnet, die ursprünglichen V-Mann-Akten nach welchen Gesichtspunkten auch immer zu manipulieren. Dafür, dass dies geschehen ist, gibt es zwar keine Beweise – dafür, dass es unterblieb, jedoch auch nicht. Der Verfassungsschutz hat sich das Misstrauen der Öffentlichkeit selbst zuzuschreiben – weil er seine Spuren verwischt und sich so jeder Kontrolle, sei es durch das Parlament, sei es durch die Strafverfolgungsbehörden, entzieht.“
(Der Freitag, 13.10.2016)

„Jeder Versuch, die losen Enden zu verknüpfen, wäre eine Verschwörungstheorie. Und die vielen Widersprüche zu benennen, ebenso unbefriedigend. Dabei geben vor allem die zahlreichen Ungereimtheiten, scheinbaren Zufälle und offenen Fragen dem Fall NSU erst seine wirkliche Fallhöhe. Es steht offenkundig fest, dass verschiedene Verfassungsschützer etwas vertuschen – nur was? Fehler? Dummheit? Oder doch ihre unbewusste oder gar bewusste Mithilfe? (…) Die Verfassungsschutzämter können gar nicht mehr abstreiten, dass sie über die Jahre eine Art Frühwarnsystem aufgebaut hatten. Sie behaupten aber, trotzdem keine konkreten Informationen über den NSU bekommen zu haben. Immer knapp daneben, immer knapp vorbei.“
(Cicero, 01.10.2017)

Das Ende des NSU

Der letzte Banküberfall

1998 waren Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in den Untergrund geflüchtet. 13 Jahre lebten sie unter falschen Namen und an unterschiedlichen Orten, bis der NSU schließlich in Folge eines gescheiterten Banküberfalls aufflog. Die Banküberfälle gehörten zum Standardrepertoire der Gruppe. Mit ihnen besorgte das Trio das notwendige Geld, um die Anschläge auszuführen. Insgesamt 15 Banküberfälle gehen wohl auf das Konto des NSU. Am 04. November 2011 scheiterte nicht nur der letzte Banküberfall, sondern auch der Nationalsozialistische Untergrund durch den Selbstmord von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt.

Die beiden Männer überfielen eine Sparkasse in Eisenach (Thüringen). Auf Fahrrädern flüchteten sie zu einem Wohnmobil, mit dem sie zu ihrer Wohnung in Zwickau fahren wollten. Doch sie wurden von Zeugen beobachtet und in einem Wohngebiet von einer Polizeistreife gestellt. Sie schossen aus dem Wohnmobil auf die Polizisten, ohne diese zu treffen. Anschließend zündeten Mundlos und Böhnhardt das Wohnmobil an und erschossen sich mit einem Gewehr.

Der Brand

By André Karwath aka Aka [CC BY-SA 2.5 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], from Wikimedia Commons
Das ausgebrannte Haus des NSU

Währenddessen wartete Beate Zschäpe in der Wohnung in Zwickau. Als sie von der Nachricht über zwei tote Männer in einem Wohnmobil erfuhr, ahnte sie, dass die Gruppe aufgeflogen ist. Sie vergoss Benzin in der Wohnung und zündete sie an, um alle Spuren zu vernichten. Trotz der Explosion und des Feuers konnten Ermittler später viele Beweismittel unbeschädigt sichern. Das letzte Bekennervideo des NSU hatte Zschäpe indessen mitgenommen. In diesem rund 15-minütigen Film bekannte sich eine Gruppe namens NSU zu den verübten Morden und Bombenanschlägen. Er wurde später zu einem wichtigen Beweismittel im NSU-Prozess.

Das Ende

Zschäpe tauchte ab und versuchte vor den Ermittlern zu fliehen. Dabei erhielt sie Unterstützung von ihrem alten Bekannten André Eminger. Sie fuhr per Zug durch ganz Deutschland (Leipzig, Hannover, Eisenach und andere Städte), ehe sie am 11. November 2011 in Jena, ihrer Geburtsstadt, ankam. Dort wo alles begonnen hatte, wo sich der NSU formierte und die Republik durch eine Serie von Attentaten erschütterte, gab sie schließlich auf. Sie ging in die Kanzlei eines Rechtsanwaltes und stellte sich in seiner Begleitung der Polizei. Zschäpe wurde in Untersuchungshaft genommen und sollte das Gefängnis nicht mehr verlassen. Gut eineinhalb Jahre später begann am 06. Mai 2013 ein Prozess, der in die deutsche Justizgeschichte eingehen sollte.

Mutmaßliche Verschwörungstheorien

In den Medien wird heute weitgehend korrekt über die NSU-Taten berichtet. Doch es gibt auch Menschen, die gezielt Falschmeldungen über das Thema in Umlauf bringen. Viele von ihnen sind rechtsextrem eingestellt und verfolgen dabei ein klares Ziel: Sie wollen die Taten der Terrorgruppe kleinreden, die Schuld einzig und allein Behörden wie dem Verfassungsschutz zuschieben und so ihrem Hass auf den Staat Ausdruck verleihen. Hier findest du Beispiele dieser Verschwörungstheorien:

Aufgaben

Lies dir den Text über die Berichterstattung  und die Informationen zum Behördenversagen aufmerksam durch!

a.) Erstelle stichpunktartig eine Liste mit vermeintlichen Fehlern des Verfassungsschutzes und der Mordermittler. 

b) Diskutiere mit deinem Banknachbarn, wie die Ermittler korrekt hätten handeln können.

Recherchiere eigenständig drei aktuelle Medienberichte über die NSU-Mordserie und analysiere Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Berichterstattungen. Folgende Tabelle (einschließlich Beispiel) kann dir dabei hilfreich sein:

Datum

Quelle/Medium

Inhalte

Art der Berichtserstattung

18.10.2018

MDR Thüringen

– Aussage des ehem. V-Mannes Carsten S. vor dem NSU-Untersuchungsausschuss

– Carsten S. bestätigt, dass er eine Mittlerfunktion zwischen NSU und Wohlleben hatte

– sachlicher Fokus auf die Rolle des V-Manns Carsten S.

– Aufarbeitung der Netzwerke des NSU steht im Fokus des Berichts

„Nach dem NSU ist kein Szenario mehr undenkbar. Der rechtsextremistische Hass ist zu jeder Tat fähig.“

a) Diskutiert in Gruppen, welchen Beitrag jede(r) BürgerIn leisten kann, damit diese Prognose des ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten Hans Georg Maaßen nicht eintritt!

b) Welche Verschwörungstheorien der Geschichte kennst du noch? Überlege dir, welche Gefahren von diesen ausgehen und wie man diesen begegnen könnte.

Diskutiert in Arbeitsgruppen, warum Verschwörungstheorien wie beim NSU-Komplex so gefährlich sind.

Bildquellen

  • Ermittler in Heilbronn: dpa/Bernd Weissbrod